Der russische Präsident Wladimir Putin ist zum begeisterten Bahnfahrer geworden. Der Umstieg vom Präsidentenflugzeug auf die Schiene hat vermutlich Sicherheitsgründe. Denn das derzeit bevorzugte Transportmittel des Kriegsherrn kann weder geortet noch abgeschossen werden. Der Anti-Korruptions-Organisation „Dossier Center“ des Kreml-Kritikers Michail Chodorkowski wurden kürzlich brisante Details zugespielt, die das mögliche Innenleben von Putins Privatbahn zeigen, von der bisher nur Außenaufnahmen existierten. Der auf rund 70 Millionen Euro geschätzte Luxusliner rollt mit insgesamt 22 gepanzerten Waggons durchs Land und soll über eine exklusive Ausstattung wie Fitnessstudio, Schönheitssalon und anderen streng geheimen Schnickschnack verfügen. Werfen Sie hier einen Blick in die mobile Villa von Russlands Staatschef.
Putin ist nicht der erste russische Staatsmann, der das Land in einem gepanzerten Zug bereist. Schon zu Sowjetzeiten war das schusssichere Schienenfahrzeug die erste Wahl vieler führender Politiker. So reiste Leonid Breschnew 1974 in einem solchen Zug durch Sibirien zu einem Treffen mit US-Präsident Gerald Ford und dessen Außenminister Henry Kissinger. Acht Waggons von Putins mobilem Palast stammen nach Angaben des Londoner „Dossier Center“ noch aus der Zeit der UdSSR oder kurz nach deren Zusammenbruch. In diesen Waggons sind zum Beispiel Garagen, Besprechungsräume, Restaurants sowie ein Dieselkraftwerk und die Kommunikationstechnik untergebracht.
Laut dem regierungsunabhängigen Recherchedienst begann Putin mit dem Ausbau des Zuges bereits 2004, während seiner ersten Amtszeit als russischer Präsident. Die allererste Bestellung soll ein als „ultraluxuriös“ beschriebener Sitzungssaal im Orient-Express-Stil gewesen sein – ausgestattet mit hochwertigen Oberflächen und Materialien. Angeblich wurden nur ein Mal Fotos von Putin in seinem Sonderzug veröffentlicht. Und zwar im Jahr 2012, als der damalige russische Ministerpräsident mit seinem Stellvertreter Arkadi Dworkowitsch, dem Verkehrsminister Maksim Sokolow und dem ehemaligen Chef der russischen Eisenbahnen, Wladimir Jakunin, in diesem Waggon zusammenkam.
Insgesamt soll Putin im Laufe der Jahre 14 Luxus-Waggons bei Zircon Service in Auftrag gegeben haben. Der Spezialist für Bahn-Sonderwünsche stattet unter anderem auch die schicken Wagen für das russische Eisenbahnunternehmen Grand Service Express aus, dessen Emblem auch auf Putins Sonderzug zu sehen ist. Der Preis des hier abgebildeten Waggons betrug laut „Dossier Center“ 18,5 Millionen Rubel, was nach aktuellem Wechselkurs etwa 175.000 Euro entspräche. Insgesamt besteht die Eisenbahnflotte aus 22 Waggons, von denen nach Angaben von Chodorkowskis regierungsunabhängigem Recherchedienst aber nur zehn gleichzeitig im Einsatz sind.
Durch Zufall entdeckte der Trainspotter Michail Korotkow Putins gepanzerten Sonderzug und stellte 2018 in einem inzwischen gelöschten Online-Forum die erste Außenaufnahme von der Präsidentenbahn online. Und erzürnte damit wohl das Putin-Regime. Korotkow geriet ins Visier des russischen Geheimdienstes und musste schließlich aus seiner Heimat fliehen. Mittlerweile gibt es zahlreiche Fotos vom Zug-Äußeren. Zum Beispiel diese Aufnahme von Zircon Service, das dem „Dossier Center“ vorliegt.
Im Februar 2023 veröffentlichte das „Dossier Center“ seine ersten Rechercheergebnisse zum Panzerzug. Einen Tag später enthüllte das unabhängige Rechercheportal „Proekt“ per Telegram das geheime Schienennetz, das eigens für Putin verlegt worden sein soll. Dafür wurden in der Nähe seiner Hauptwohnsitze eigens Bahnhöfe gebaut. Die Gleise verbinden Nowo-Ogarjowo, Putins offizielle Residenz außerhalb Moskaus, mit Botscharow Rutschej, seinem Sommerhaus in Sotschi, und seinem geheimen Landsitz am Waldai-See zwischen Moskau und St. Petersburg. Diese besondere Station (im Bild) wurde angeblich 2019 gebaut.
In diesem privaten VIP-Terminal am Moskauer Bahnhof Kalantschewskaja laufen laut „Proekt“ alle Bahnlinien zusammen. Dort soll auch Putins Luxuslokomotive in einem Depot untergebracht sein. Selbstverständlich sind die Sicherheitsvorkehrungen in und um den Bahnhof, der von einem besonders hohen Stacheldrahtzaun umgeben ist, besonders streng.
Im Juli 2023 veröffentlichte „Dossier Center“ neue Einblicke in die dekadenten Reisegewohnheiten des russischen Präsidenten. Der angebliche Grundriss (im Bild), der dem Recherchedienst zugespielt wurde, zeigt einen voll ausgestatteten Fitness- und Wellness-Waggon inklusive Sportgeräte, Schönheitssalon und Spa. Der Wagen soll Berichten zufolge von Zircon Service zwischen 2018 und 2019 in rasantem Tempo gebaut worden sein.
Insgesamt soll der Wagen stolze 413,4 Millionen Rubel, umgerechnet 3,9 Millionen Euro, gekostet haben. Dafür ist das rollende Fitnessstudio aber auch exquisit ausgestattet: Mit Gewichten, einer Hantelbank, einer Hyperextensionsmaschine, einer Stufenplattform sowie Tatami- und Gymnastikmatten. Um seine Beinmuskulatur zu stählen, soll sich Putin beim Oberschenkeltraining auf Geräte der Firma Hoist Fitness aus den USA verlassen.
Probleme muss Putin wohl mit einem rund 11.500 Euro teuren Fernseher gehabt haben. Das in einen Spiegel integrierte Gerät – angeblich vom russischen Hersteller Mirror-Media – konnte laut „Dossier Center“ das TV-Signal in Tunneln und beim Passieren hoher Gebäude nicht stabil halten. Das Moskauer Forschungsinstitut für Radiokommunikation habe daraufhin ein völlig neues Puffersystem entwickelt, um dem Präsidenten einen störungsfreien Fernsehempfang zu garantieren.
Putins Vorliebe für Verwöhnprogramme ist bekannt. So soll seine Villa am russischen Waldai-See über einen riesigen Spa-Komplex mit einer Fläche von 7.000 Quadratmetern verfügen, der auch als „Tempel der Askese“ bezeichnet wird. Da versteht es sich fast von selbst, dass sich der russische Despot auch unterwegs in seinem Präsidentenzug das Gesicht verschönern lassen will.
Die Ausstattung des Beautysalons könnte professioneller nicht sein. Er besticht durch eine Auswahl an kosmetischen Spezialgeräten des deutschen Herstellers Ionto, wie zum Beispiel den Beauty Tower zur Hautverjüngung durch Radiofrequenzwellen oder das Ionto Sono für die Ultraschallbehandlung. Natürlich gibt es auch eine große Auswahl an Hautpflegeprodukten und anderen Behandlungen – von luxuriösen Gesichtsmasken bis hin zur neuesten Anti-Aging-Technologie Hialurox.
Im Grunde verfügt der Salon über alles, was man braucht, um invasive kosmetische Eingriffe vorzunehmen. Oder im medizinischen Notfall Putins Leben zu retten. Denn der rollende Raum ist gleichzeitig eine medizinische Einrichtung mit einem Lungenbeatmungssystem, einem Defibrillator, einem Patientenmonitor, ein Atemwegsabsauggerät sowie anderen krankenhausüblichen Ausrüstungen.
Dem Fitness- und Beautybereich angeschlossen ist ein Hamam, in dem Putin nach dem Training ein türkisches Dampfbad nehmen kann. In dem mit edlem rosa Marmormosaik gefliesten Bereich gibt es sogar eine Dusche, die „Aromaschaum" versprüht.
Für ausgiebige Wellnessbehandlungen hat Putin auf seinen Zugreisen genug Zeit. Wegen des Gewichts der gepanzerten Waggons bringt es das sonderbare Schienenfahrzeug gerade mal auf eine Spitzengeschwindigkeit von 160 Stundenkilometern. Die Heimreise von Moskau zum geheimen Schwarzmeerpalast kann da schon mal zehn Stunden dauern. Es soll aber Pläne geben, die Höchstgeschwindigkeit auf 200 Kilometer pro Stunde zu erhöhen.
Der Nichtregierungsorganisation „Dossier Center“ wurden auch Bilder zugespielt, die in einem der Waggons aus der Sowjetzeit einige Kommunikationsgeräte zeigen. Diese dienen der Verschlüsselung von Nachrichten, die Putin aus dem Zug zum Beispiel in den Kreml schickt. Das Bild zeigt mehrere Ryabina-M-Funkempfänger und andere Kommunikationsgeräte, die allerdings nicht mehr auf dem neuesten Stand sind.
Die Bilder, wie auch diese Aufnahme einer R-439 „Legend-2“-Satellitenkommunikationsstation, stammen aus dem Jahr 2016. Hauptmann Gleb Karakulow war bis Oktober 2022 als Sicherheitsbeamter für die abhörsichere Kommunikation im Zug zuständig. Mittlerweile hat er sich gegen Putin gewandt. Gegenüber dem „Dossier Center“ erklärte der Überläufer, dass die Geräte veraltet seien. Es heißt allerdings, dass sie im Jahr 2021 teilweise aufgerüstet wurden.
Dieses Foto – ebenfalls von 2016 – zeigt Geräte, von denen viele problemlos in einem Museum stehen könnten. Neben der Kommunikationsverschlüsselung wartet Putins Sonderzug mit zahlreichen anderen Sicherheitsmerkmalen auf. Die wie eine Festung gebauten Waggons sind schalldicht, um „das Durchsickern akustischer Informationen zu verhindern“. Sie sind so gepanzert, dass sie selbst bei extremen Minusgraden dem Beschuss mit Kalaschnikows oder Dragunow-Scharfschützengewehren standhalten. Für das Sicherheitspersonal wurden in die Zugwände teilweise Löcher gefräst, um im Falle eines Angriffs zurückfeuern zu können.
Putins rollender Palast ist weder auf Fahrplänen verzeichnet noch in öffentlichen Navigationssystemen zu finden. Er hat keine Nummer und keinen Namen. Wer in Putins „Geisterzug“ arbeiten will, wird streng überprüft und muss eine zweiwöchige Quarantäne durchlaufen, bevor er im Zug arbeiten darf. Putin hat angeblich eine „paranoide Angst“ vor einer Corona-Ansteckung.
Wie das „Dossier Center“ enthüllte, haben Putins Bahnreisen seit Sommer 2021 deutlich zugenommen. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine im Februar 2022 reist der Kremlchef aus Sicherheitsgründen fast nur noch mit der Bahn. Inzwischen soll laut Recherchedienst ein Großauftrag zur Flottenerneuerung erteilt worden sein, um den Sonderzug noch luxuriöser zu machen. Das Projekt wird wiederum von Zircon Service durchgeführt und von der Russischen Eisenbahn überwacht. Zu den neuen Entwürfen gehört auch die dekadente Innenausstattung dieses schicken Speisesaals.
Putin soll sogar zwei Speisewagen mit rotem Teppichboden, Samtvorhängen und Tischen im Art-déco-Stil bestellt haben. Die Gesamtkosten belaufen sich angeblich auf 228,8 Millionen Rubel oder umgerechnet auf rund 2,2 Millionen Euro. Dazu soll sich angeblich auch ein rund 4,1 Millionen teurer Waggon mit einem Multimediazentrum – also im Grunde ein mobiles Kino – summieren. Im Gespräch ist angeblich auch ein zweiter Gesundheits- und Wellnesswaggon, der mit nahezu identischer Ausstattung den bereits vorhandenen Wagen ergänzen soll. Geschätzte Kosten: weitere 5,7 Millionen Euro.
Zwei weitere Luxuswaggons für ebenfalls 5,7 Millionen Euro sollen Gästen und Sicherheitspersonal zur Verfügung stehen. Der opulente Salonwagen schlägt mit umgerechnet knapp fünf Millionen Euro zu Buche, während ein Doppelwagen für Besprechungen und Erholung mit 17,1 Millionen Euro wohl der teuerste Wagen im Zug werden dürfte. Insgesamt, so „Dossier Center“, koste Putins Reisegefährt rund 68 Millionen Euro, einschließlich der 14,5 Millionen Euro für die Wartung – alles angeblich bezahlt vom unwissenden russischen Steuerzahler. Zircon Service war für Fragen von „Dossier Center“ nicht erreichbar. Die Kreml-Pressestelle dementierte gegenüber dem Nachrichtensender „CNN“: „Präsident Putin hat weder ein solches Fahrzeug in Gebrauch noch in seinem Besitz.“
Lesen Sie jetzt: Diesen Geheimbunker versteckt Putin angeblich unter seinem Protzpalast