So schockierend ist die Wohnungsnot in einer der teuersten Städte der Welt
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Hongkongs Sargzimmer und Wohnkäfige in Bildern
Hongkong zählt zwar zu den wohlhabendsten Metropolen der Welt, doch hat die auf einem schmalen Küstenstreifen angesiedelte ehemalige britische Kolonie in China mit extremer Wohnungsnot zu kämpfen. Die vielen Menschen unterzubringen, die von der starken Wirtschaft Hongkongs angezogen werden, ist zu einem Kampf geworden. Mehr als sieben Millionen Einwohner auf nur rund 1.100 Quadratkilometern unterzubringen, erfordert außergewöhnliche Maßnahmen – die zum Teil schockieren. Sehen Sie hier, wie die Ärmsten in einer der teuersten und überfülltesten Städte der Welt in winzigen Sargzimmern und Wohnkäfigen leben müssen und wie moderne WGs die Wohnungsnot beheben sollen …
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Eine der teuersten Städte weltweit
Zuletzt führte Hongkong immer wieder die Liste der teuersten Städte der Welt an, vor allem in Bezug auf den Immobilienmarkt. Laut dem aktuellen „Global Living“-Bericht des Immobilienunternehmens CBRE beträgt der Durchschnittspreis für ein Eigenheim in Hongkong mehr als 1,3 Millionen US-Dollar (1,1 Mio. Euro). Da die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot bei Weitem übersteigt, sind die Preise in ungeahnte Höhen geschossen.
Hongkongs Landmangel
Die gelb markierte Fläche in dieser Simulation zeigt das geplante Projekt „Lantau Tomorrow Vision“, in dessen Rahmen eine rund 1.000 Hektar große künstliche Insel aufgeschüttet und bebaut werden soll. Mit 260.000 neuen Apartments will man die Wohnsituation in Hongkong in den Griff bekommen. Die Arbeiten an dem 80-Milliarden-Dollar-Projekts (67 Mrd. Euro) sollen im Jahr 2026 beginnen.
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Wohnungsmarkt für Superreiche
Trotz der Wohnungsnot in Hongkong gibt es für Superreiche jede Menge Luxuswohnungen. Wegen der vielen Einwohner sind jedoch selbst kleine Apartments für Normalverdiener unerschwinglich geworden. Eine Studie der "Society for Community Organization" ergab, dass das Durchschnittseinkommen in Hongkong bei 1.200 US-Dollar (1.074 Euro) pro Monat liegt, was in einer dermaßen überlaufenen Stadt nicht viel ist.
Preise auf Rekordniveau
Im Februar 2021 wurde eine Luxuswohnung im Wohnprojekt 21 Borrett Road von CK Asset Holdings für 59 Millionen US-Dollar (49,5 Mio. Euro) verkauft. Bei einer Wohnfläche von knapp 314 Quadratmetern entspricht der Quadratmeterpreis damit mehr als 157.600 Euro – ein neuer Rekord auf dem asiatischen Immobilienmarkt. Der vorherige Rekord hatte bei einem Quadratmeterpreis von 149.100 Euro gelegen, als im November 2017 ein Haus mit vier Schlafzimmern für knapp 150 Millionen US-Dollar (126 Mio. Euro) verkauft worden war.
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Die Aussicht kostet
Sowohl für Mieter als auch für Käufer ist die gefragteste – und damit auch teuerste – Gegend in Hongkong der Peak-Bezirk. Wie der Name andeutet, handelt es sich um den höchsten Punkt der Hauptinsel, vom dem aus man eine spektakuläre Aussicht auf die Stadt hat. In dem Viertel mit maritimem Flair sind die Mieten etwa drei bis vier Mal so hoch wie in den ebenfalls teuren Städten New York oder London zum Beispiel.
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Teuer und exklusiv
Wer genug Geld hat, findet über Makler noch immer genügend große Immobilien in dieser dicht besiedelten Stadt. Dieses Luxushaus mit vier Schlafzimmern im Peak-Bezirk zum Beispiel stand zuletzt für 33,5 Millionen US-Dollar (28,1 Mio. Euro) zum Verkauf. Aktuell kann es für 16.600 US-Dollar (15.164 Euro) gemietet werden.
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Kleinere Luxuswohnungen gefragt
Luxusimmobilien sind für diejenigen, die es sich leisten können, immer verfügbar, aber in Hongkong steigt die Nachfrage nach Luxus in kleinerem Maßstab. Diese schmale Wohnung befindet sich in einem neuen Immobilienprojekt im Stadtteil Kowloon in Hongkong. Die stark beengte Finanzmetropole steht regelmäßig auf Platz 1 auf der Liste der am wenigsten erschwinglichen Wohnungen der Welt.
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Miniwohnungen mit Luxusdesign
Platzmangel wird in Hongkong immer ein Problem sein, was allerdings nicht bedeutet, dass man sich auf so wenig Wohnraum nicht wohl fühlen kann. Immobilienentwickler wenden sich immer häufiger an Innendesigner, um die Mikrowohnungen für ihr wohlhabendes Klientel elegant zu gestalten.
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Cleveres Layout
Mit ein paar Designtricks wurde dieses kleine Apartment, das zum Wohnprojekt „The Wings II“ gehört, in ein gemütliches Zuhause verwandelt. Die Mikrowohnungen wurden nach ihrer Fertigstellung im Jahr 2012 ursprünglich für rund 17.700 Euro pro Quadratmeter verkauft. Die teuerste Wohnung, die mehr als 110 Quadratmeter groß war, stand für umgerechnet 1,9 Millionen Euro zum Verkauf.
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So wohnen Hongkongs Berufsanfänger
Hier ist das Zuhause des 25-jährigen Adrian Law, der in der Finanzbranche arbeitet, zu sehen, dessen Bett sich tagsüber in einer Schrankwand verstauen lässt. Für das kleine Studio-Apartment in einem Neubau im gentrifizierten Stadtteil Sai Ying Pun bezahlte Law vor zwei Jahren umgerechnet mehr als 638.000 Euro.
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Nano-Wohnungen sind die Regel, nicht die Ausnahme
Adrians Wohnsituation ist nicht außergewöhnlich. Da die Immobilienpreise in Hongkong weiter steigen, wohnen Berufsanfänger wie Law auf immer weniger Raum. Die schuhkartongroßen „Nano-Wohnungen“ und Wohngemeinschaften werden als moderne Lösungen für die Wohnungsnot angepriesen.
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Immer mehr Hochhäuser
In der Stadt wollen nicht nur Superreiche wohnen, sondern auch Normalverdiener. Doch wie können die sich die Immobilienpreise leisten? Eine Wohnung im Hochhausblock ist die üblichste Wohnform, kann allerdings ziemlich beengt und überfüllt sein. Noch dazu nutzen viele Vermieter die Wohnungsnot der Mieter aus.
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Das Leben übereinander
Die Standardgröße eines Apartments ist im Vergleich ziemlich klein, vor allem in beliebter Innenstadtnähe. Zwar verfügen die meisten Wohnungen über einen Balkon, doch von dem kann man oft nur in die Nachbarwohnung schauen. Viele Menschen sind zwar die Nähe zu Menschen sowie kleine Räume gewohnt, doch es gibt auch Wohnformen, die besonders schockierend sind...
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So beengt wie in einem Sarg
In den vergangenen Jahren sind immer wieder schockierende Bilder von Bewohnern sogenannter „Coffin Homes“, Sargzimmer, aufgetaucht – beengte Wohnungen, die an einen Sarg erinnern. Schätzungen zufolge leben etwa 200.000 Menschen in Hongkong unter solchen Bedingungen.
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Hongkongs Sargzimmer
Die „Apartments“ sind in der Regel größere Einheiten, die in so kleine Bereiche aufgeteilt sind, dass deren Bewohner nicht einmal richtig die Beine ausstrecken können. Dennoch kosten diese winzigen Schlafzellen mehrere hundert Euro pro Monat.
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Hongkongs Sargzimmer
2016 arbeitete die Hongkonger Menschenrechtsorganisation SoCO (Society for Community Organization) mit dem Fotografen Benny Lam zusammen, um die Probleme des Immobilienmarktes der Stadt an die Öffentlichkeit zu tragen. Zwischen 2012 und 2015 hatte Lam schockierende Bilder von den Lebensbedingungen in Hongkong aufgenommen, darunter auch die schockierenden Sargzimmer.
Society for Community Organization / Benny Lam
Hongkongs Sargzimmer
Eine 37-Quadratmeter-Wohnung wird häufig so unterteilt, dass verschlossene Doppelstockbetten für rund 20 Personen hineinpassen. Manchmal sind die Schlafplätze nur durch Holz oder Draht voneinander abgetrennt. Küche und Toilette haben eine ähnliche Größe und müssen von den Bewohnern geteilt werden. Sogar in der Corona-Pandemie mussten viele Menschen in solch klaustrophobischen Zuständen ausharren.
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Hongkongs Wohnkäfige
Die Immobilienpreise in Hongkong sind so extrem gestiegen, dass die ärmsten Bewohner der Stadt sogar in winzigen Drahtkäfigen schlafen. Die rasante Zunahme neuer Luxusentwicklungen hat allerdings dazu geführt, dass immer mehr alte Häuserblocks mit solchen Wohnkäfigen verschwinden und deren Bewohner vertrieben werden.
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Hongkongs Wohnkäfige
Hier sitzt der 78-jährige Leung Shu neben seinem Wohnkäfig, der sich auf einer Etage mit vier weiteren solcher Behausungen befindet. Da alte Wohngebäude wie das von Shu zunehmend von Immobilienentwicklern aufgekauft werden, müssen Tausende von Menschen, die in den nur 1,4 Quadratmeter großen Käfigen wohnen, ihr Zuhause räumen. Wenn man bedenkt, dass die durchschnittliche Gefängniszelle in Hongkong sieben Quadratmeter misst, erscheinen diese Lebensbedingungen noch schockierender.
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Hongkongs Wohnkäfige
Hier entspannt ein älterer Bewohner auf seinem Etagenbett, das von der Menschenrechtsorganisation SoCO gespendet wurde. Schätzungen zufolge leben immer noch etwa 1.000 Menschen in diesen menschenunwürdigen Verhältnissen in alten Mietskasernen, während sich Hongkongs Kluft zwischen Arm und Reich vergrößert. Diese fast unwirtliche Situation hat sich in der Corona-Krise noch einmal verschärft, da es unter diesen beengten Lebensbedingungen fast unmöglich ist, auf Abstand zu gehen.
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Hongkongs Wohnkäfige
Die extrem beengten Lebensbedingungen in diesen städtischen Slums demonstrieren, welch katastrophales Ausmaß die Wohnungsnot in Hongkong angenommen hat – ein radikaler Gegensatz zu den Luxusapartments der Reichen. Doch inzwischen tun sich immer mehr Studenten, Reisende und Jungunternehmer zu Wohngemeinschaften zusammen, um sich eine erschwingliche und menschenwürdige Unterkunft leisten zu können.
Hongkongs Wohngemeinschaften
Mit anderen Menschen zusammen zu wohnen, ist eine gängige Praxis. Sogar Banker nehmen sich inzwischen ein Beispiel an Studenten und bewerben sich für Neubauwohnungen in der Stadt, die in der Regel mit drei bis vier Personen geteilt werden. Laut Keith Wong, Mitbegründer der Synergy Biz Group, ist das Wohnprojekt besonders für junge Beschäftigte im Finanzsektor attraktiv, sowohl aus finanziellen als auch sozialen Gründen. Die Doppelstockbetten sind als Privateinheiten mit eigenem Stauraum angelegt, der Rest wird gemeinschaftlich genutzt.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Bibliotheque
Die Bibliotheque-Wohngemeinschaft im Bezirk Yau Ma Tei ist eines der neuesten Projekte. Für umgerechnet knapp 16 Millionen Euro wurden zwei fünfstöckige Gebäude umgebaut und in 15 Wohneinheiten mit insgesamt 166 Betten unterteilt. In der Monatsmiete von mindestens 430 Euro sind Reinigungs- und Betriebskosten bereits enthalten.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Bibliotheque
Laut der Architektin Addie Cheng habe der Gemeinschafts- und Spaßgedanke bei der Gestaltung der Räume eine wichtige Rolle gespielt: „Jede Etage soll ein anderes Thema verkörpern, von Design über Kochen, Film und Mode bis hin zu Sport. So wie in einer Bibliothek.“
Hongkongs Wohngemeinschaften: Mini Ocean Park
Die WG „Mini Ocean Park“ ist zwar größer als Bibliotheque, verfolgt aber ein ähnliches Konzept. Die Wohngemeinschaft in Wong Chuk Hang im Süden Hongkongs zählt zu den etwas gehobeneren Varianten, für die der philippinische Immobilienentwickler Lucio Tan mit seinem Unternehmen Eton Properties 18 ehemalige Luxusapartments in 270 Wohneinheiten umbaute.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Mini Ocean Park
Die Miete ist zwar für Hongkonger Verhältnisse günstig, allerdings noch immer nicht billig. Ein eigenes Zimmer von sieben bis zehn Quadratmetern kostet umgerechnet knapp 1.600 Euro pro Monat. Im Erdgeschoss gibt es einen Gemeinschaftsbereich mit Snackautomat, Waschmaschine und mehreren Sofas.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Mini Ocean Park
Viele der ersten Bewohner des Projekts seien Studenten, sagt Cynthia Cheung von Eton, doch auch für junge Berufstätige werde das Modell immer attraktiver. „Für junge Leute ist es eine ganz neue Lifestyle-Erfahrung. Anders als in unterteilten Wohnungen in schlechtem Zustand gibt es hier sogar einen Sicherheitsdienst rund um die Uhr.“
Hongkongs Wohngemeinschaften: Mini Ocean Park
Die sogenannten „Nano Flats“, die teuersten Zimmer im Angebot, verfügen sogar über Meerblick und können von zwei Personen bewohnt werden. Eine günstigere Option ist das Gemeinschaftszimmer. Für die Vermieter zahlt sich das Wohnmodell aus, da sie mehr Mieteinnahmen als zuvor durch den ehemaligen Luxusbau haben.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Campus
Campus ist eine geschmackvoll eingerichtete Wohngemeinschaft im Stadtteil Tsuen Wan. Vier Personen teilen sich hier ein Zimmer, wobei sich die Betten in den Gemeinschaftsräumen befinden, damit es immer gesellig zugeht.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Campus
Jeder Schlafplatz hat verschließbaren Schubladen, verfügt über Regale und eine Kleiderstange. Hinzu kommt eine Leselampe am Bett und ein Schreibtisch mit Stuhl. Wer sich mehr Privatsphäre wünscht, kann einfach die Vorhänge zuziehen.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Campus
Die Wohngemeinschaft ist als Langzeitunterkunft gedacht, was für Studenten besonders attraktiv ist. Als Highlights gibt es für die Bewohner einen Swimmingpool und ein Fitnessstudio. Ein Shuttle-Bus bringt sie zu allen wichtigen Orten in Hongkong.
Hongkongs Wohngemeinschaften: Campus
Damit ein Gemeinschaftsgefühl in der WG aufkommt, bemüht sich Campus um gemeinsame Aktivitäten und organisiert Gruppenveranstaltungen wie etwa Filmabende oder Bootsausflüge. Das zieht normalerweise auch Reisende aus anderen Ländern an, die für ein authentisches Erlebnis in Hongkong gerne in der WG übernachten.
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